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Studentenverbindungen: Bühne für die künftige Elite?

Farben tragen, aber verschiedene: Was katholische Verbindungen und national-freiheitliche Burschenschaften unterscheidet.

Farben tragen viele, aber alle ein wenig andere: Was die katholischen Verbindungen von national-freiheitlichen Burschenschaften unterscheidet – und was sie gemeinsam haben.

Traditionelle Kleidung – warum wird das zum wesentlich(st)en Diskussionspunkt, wenn über Studenten-Verbindungen geredet wird?

Ihr Auftreten zählt zu den letzten großen Mysterien der Hochschulzeit: Wenn Studenten mit bunter Schärpe (dem „Band“) und ebensolcher Kappe (dem „Deckel“) durch eine Menschenansammlung auf der Universität drängen – etwa auf dem Weg zu einer Sponsion –, fragt sich manch ein Erstsemestriger: Sind das jetzt die „Burschenschafter“, die Deutschnationalen, von denen in Medienberichten immer wieder die Rede ist?

Eine Frage, die gerade in dieser Woche so manchen beschäftigen wird, wenn am Sonntag FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wie angekündigt seine Rede beim „Heldengedenken“ der rechtsextremen Burschenschaft „Olympia“ zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges hält – und damit das Licht der Öffentlichkeit wieder auf die farbentragenden Verbindungen, die sogenannten „Korporierten“, fällt.

National gegen katholisch

Wer hinter dem ähnlichen Auftreten der farbentragenden Studenten und Akademiker aber eine einheitliche Organisation vermutet, liegt falsch. Die Korporierten zerfallen grob gesprochen in drei Lager: die national-freiheitlichen Burschenschaften, die katholisch-konservativen Verbindungen und – inzwischen nur mehr eine verschwindende Minderheit – die monarchistischen Landsmannschaften.

Während in der Öffentlichkeit das Bild großteils von den – vor allem wegen Kontakten zur extrem rechten Szene – skandalträchtigen Burschenschaften geprägt ist, stellen in der Realität die katholischen Verbindungen die überwiegende Mehrheit dar: 46 solcher Vereine sind im Cartellverband (CV) zusammengefasst, insgesamt zählt er rund 12.000 Mitglieder – knapp ein Viertel davon aktive Studierende. Zusammen mit den studentischen Mitgliedern unter den rund 2300 Burschenschaftern und knapp 1000 Mitgliedern der Landsmannschaften machen die farbentragenden Verbindungen nicht einmal ein Prozent der österreichischen Studenten aus.

Wer bei uns Mitglied wird, bekennt sich damit zu bestimmten Werten“, sagt Wolfgang Schweinhammer, seit zwei Jahren Mitglied – und „Bursch“, wie es im traditionellen Jargon heißt – der katholischen Akademikerverbindung Norica, einer der größten Organisationen im CV. Alle CV-Verbindungen bekennen sich zu den vier Prinzipien (katholische) Religion, Wissenschaft, (europäische) Heimat und lebenslange Freundschaft.

Debatte, Party, Prozessionen

Wie diese Prinzipien mit Leben gefüllt werden, lebe jede Studentenvereinigung ein wenig anders, sagt Schweinhammer – Diskussionsveranstaltungen zu unterschiedlichsten Themen stünden in der Norica genauso auf dem Programm wie die gemeinsame Fronleichnamsprozession. Und, ja, Partys gebe es auch – „wo Studenten sind, wird natürlich auch gefeiert“, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie das von vielen vermutet würde: „Ein Bierduell habe ich noch nie erlebt“, so Schweinhammer.

Überhaupt sind Duelle bei den katholischen Verbindungen verpönt: Während die Burschenschaften das Mensurfechten nach wie vor pflegen, sind solche Auseinandersetzungen in den CV-Organisationen verboten.

Darüber hinaus hat jede Verbindung ihre eigene Interpretation der Traditionen, nach denen sich die Vereine Ende des 19. Jahrhunderts konstituiert haben. Im Kulturkampf der frischgebackenen deutschen Nation gegen den Einfluss der Kirche haben sich die katholischen Verbindungen schon damals als Gegenpol zu den deutschnationalen Burschenschaften etabliert.

Uniform und Tradition

Zu diesen Traditionen zählt etwa die Uniformierung mit Band und Deckel oder – bei besonderen Anlässen – in der vollen Tracht der Verbindungen, der „Wichs“. Wörter wie dieses sind es, die dem Verbindungswesen bis heute einen etwas angestaubten, geheimbündlerischen Charakter verleihen. „Die eigene Begriffswelt und das Farbentragen sind natürlich äußere Zeichen der Zusammengehörigkeit“, sagt Markus Figl. Der 37-Jährige ist nach dem Rangsystem der Vereinigung schon ein „Alter Herr“ der Norica – das heißt, er hat sein Studium vollendet, nimmt aber noch immer regelmäßig an ihren Veranstaltungen teil.

Dieser Kontakt zwischen Studenten und „Etablierten“ ist ein anderes wichtiges Element des Verbindungswesens – auch wenn Figl nicht von der berüchtigten „Freunderlwirtschaft“ sprechen will: „Es bekommt sicher niemand einen Job, nur weil er beim CV war – aber man lernt dort Dinge, die sich auch im Berufsleben bezahlt machen können, wie in der Organisation von Veranstaltungen mitzuarbeiten.“

Ähnliches erzählt Wolfgang Schweinhammer: „Die Verbindung ist eine Bühne, auf der man sich präsentieren kann“, weil jedes Mitglied nach dem Rotationsprinzip bestimmte Aufgaben im Verein übernehmen müsse. „Und wie das bei einer Bühne so ist, kann man dort eine gute oder eine schlechte Figur machen“ – insofern könnte eine Verbindung auch karrierehemmend wirken, wenn man sich keine Mühe gebe.

Prominente Couleurstudenten

Wie Josef Pröll ist auch ÖVP-Chef Michael Spindelegger Mitglied einer Verbindung (Norica).

Wissenschaftler wie Physiker Anton Zeilinger (Marco-Danubia) waren Couleurstudenten.

Freidenker innerhalb der ÖVP wie Heinrich Neisser (Rudolfina)

Auch Wiens Kardinal Christoph Schönborn ist Mitglied einer Verbindung (Rhaeto-Danubia).

In der Wirtschaft zählt Raiffeisen-International-Chef Herbert Stepic zu den Korporierten (Amelungia).

©   GEORG RENNER „Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2011

INFOGRAZ.at war beim Stiftungsfest der  CV-Verbindung Albertina Graz.

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