Johannes Kepler wurde durch die Zeit, sowohl für die Wissenschaft, als auch für die Astrologie zu einem menschlichen Symbol der Verbindung alter ganzheitlicher Sichtweisen mit der neuen, von ihm entscheidend mitbegründeten methodischen Vorgangsweise zur Wissensgewinnung.
In seinem Hauptwerk "Harmonice mundi" - Weltharmonik - spiegelt sich in unvergleichlicher Weise die Verbindung der beiden Erkenntnis-Welten.
Johannes Kepler und die Astrologie
Johannes Kepler, durch seine drei nach ihm benannten Gesetze für die Astronomie als unverzichtbar zu bezeichnen, hat ein ebenso bedeutsames Werk für die Astrologie hinterlassen. Ihm war in seiner Beschäftigung mit der Astrologie deutlich geworden, dass es sich bei der Astrologie um die Deutung bestimmter Bewegungsverhältnisse und –proportionen im Sonnensystem handelt. Man kann seine Art Astrologie als eine rhythmische bezeichnen (vgl. VOLTMER, Rhythmische Astrologie - Keplers Prognose-Methode aus neuer Sicht, CH-Neuhausen 1998).
Kepler weist in seinen berühmten Harmonices Mundi darauf hin, dass Astrologie nicht über eine Einflusstheorie zu erklären sein kann. Bezüglich des Mondes etwa glaubte er durchaus an einen direkten Einfluss, durch den etwa die Gezeiten hervorgerufen würden, was bis dahin keiner für möglich hielt und ihm die Schelte der damaligen Gelehrten einbrachte. Doch was die Bedeutung von proportionalen Verhältnissen angeht, die die Astrologie deutet, da suchte er die Berechtigung oder Ursache dafür in andersartigen Quellen.
Warum sind es nur bestimmte Winkelabstände zwischen zwei Planeten, gemessen an der Erde und zwar der Bezugsebene der Ekliptik, die qualitativ als >wirksam< zu bewerten sind, warum gibt es die sog. Aspekte in der Astrologie, die Opposition (180°), das Trigon (120°), das Quadrat (90°), das Sextil (60°)? Daran entzündete sich seine kardinale Frage zur Astrologie. Er setzte diese Frage parallel zu der Lehre der Intervalle in der Musik: Warum sind es Oktave, Quinte, Quarte, Terz, die in der Musik als so tragend und richtig empfunden werden? Kepler erprobte auch seine Überlegungen zu bestimmten >Harmonien< an geometrischen Verhältnissem, untersuchte beispielsweise die platonischen Körper. Dies alles legte er in seinem großen fundamentalen philosophisch-astronomisch-mathematischen und gleichermaßen musikalisch-astrologischem Werk nieder, den Harmonices Mundi <1619>, den Harmonien der Welt.
Die Kardinalfrage bleibt für Kepler: Was ist es, dass die Seele bestimmten Proportionen den Vorrang gibt? Warum empfindet sie Musik? Er erkannte die Verwandtschaft aller Künste, in denen es um Proportionen geht, mit der Geometrie oder der Astrologie und auch der Astronomie, einer philosophisch verstandenen Kosmologie. Wieso können überhaupt >einfache< bzw. >ästhetisch schöne< physikalische Gesetze herausgefunden werden, die die Bewegungen der Planeten um die Sonne beschreiben? Warum zeigt sich ein inkommensurabler Rest, das pythagoräische Komma in der Musik, das Nicht-Ineinanderaufgehen der Planetenbewegungen? Steht das für die Freiheit der Seele, die nicht einem Zwang der kosmischen Gesetze unterliegt? Er sah in der Weltdeutungsfähigkeit des Menschen, in dem Vermögen, naturwissenschaftliche >idealisierte< Gesetze finden zu können, eine besondere Fähigkeit der Seele. Letztendlich war für ihn der Kosmos Realisierung eines Geistigen, eines Etwas, was Weltdeutung zulässt und es gerade auch initiiert.
Weil der Mensch Teil des Ganzen ist, muss er nach gleichen Gesetzen funktionieren, die er selbst entdeckt. Er kann nichts anderes entdecken als seine eigenen Gesetze und kann nicht anders erleben und empfinden als entsprechend seiner eigenen Gesetzlichkeit. Dies und die Erfahrungen mit der Astrologie war für Kepler Grund genug, das Fundament der klassischen Astrologie anzuerkennen. Ob musikalisches Erleben oder Sinn- und Weltdeutung des eigenen Lebens gemäß astronomischen Verhältnissen, immer wird nur das eine offenbar: der Mensch ist Teil der kosmischen Harmonien und gemäß diesen >funktioniert< er. Es bedarf keines Einflusses, es bedarf nur des Anteilig-Seins; das einzelne Teil schwingt mit - entsprechend den großen kosmischen Harmonien.
Auch heute noch unterliegt die Astrologie im Prinzip diesen Vorstellungen. Dass die Geburtskonstellationen von so großer Bedeutung sind, wird über eine kosmische Rhythmisierung begründet; im Organismus Mensch sind die rhythmischen Verhältnisse der Erde und des Sonnensystems enthalten, so wie sich insgesamt die Entwicklung der Natur und des Lebens nur in Zusammenhang mit einer Evolution denken lässt, die die Erde in eine kosmisch relativ stabile Lage gebracht hat, die kosmisch zeitliche Gegebenheiten zulässt, wie wir sie hier antreffen.
Der Moment der Geburt soll für das ganze Leben prägend sein, wenn die eigene Atmung einsetzt, wenn der Mensch nicht mehr über die Nabelschnur ernährt wird - nicht mehr in Anhängigkeit vom mütterlichen Körper - wenn das Neugebore eigenen Raum einnimmt, wenn sich die Herzklappen schließen, wenn der eigene Stoffwechsel einsetzt. Kann eine kosmische Rhythmisierung angenommen werden? Könnte diese das Temperament und die Reaktion, die Motivationen und unbewussten Willensimpulse eines Menschen beeinflussen oder initiieren? Letzendlich sind dies die Impulse, aus denen auch die persönlichen Weltdeutungen des Menschen gespeist werden. Zu diesen Bereichen will die Astrologie Aussagen machen können.
Obwohl es signifikante Statistiken zu astrologischen Zusammenhängen gibt (Michel und Francoise Gauquelin), so sind doch ihre Behauptungen in ihrer Gänze nicht belegt. Auch basiert ihre systemisch zu denkende Funktionsweise auf keinem nachweisbaren naturwissenschaftlichen Zusammenhang. Dennoch gibt es zahlreiche Astrologen und Astrologinnen, die über eine gute akademische Bildung verfügen und immer wieder von ihren starken sich wiederholenden Evidenzerlebnissen in Bezug auf die Astrologie berichten. Im Umgang mit Astrologie bewahrheitet sich die astrologische Lehre für viele Menschen immer wieder aufs Neue.
Der Mensch scheint die Geschehnisse seines Lebens gemäß astronomisch-astrologischer Konstellationen zu erleben; davon sind viele Astrologie-Anhänger überzeugt. Sie glauben auf astrologischem Wege erkennen zu können, wann jemand etwa in eine lyrische, liebeserwartende Stimmung oder Lebensphase hineinkommt. Während solch einer Phase sei der Mensch dazu prädisponiert, dass selbst kleine zufällige Begegnungen mit anderen Menschen im Leben Wurzeln schlagen könnten; man sei dann bereit zur Begegnung. Der Zufall, durch uns selbst motiviert, könne uns so zu einem Liebespartner, oder in einem anderen Fall zu einer beruflichen Stellung oder in eine Krise führen. Ob wir uns freilich von diesen inneren Motivationen und Stimmungen letztendlich bestimmen lassen, ist eine ethische Frage; sie lässt sich nicht aus dem Horoskop beantworten, sie pocht an unsere Selbstverantwortung.
Astrologen glauben, dass Lebensereignisse mit inneren Motivationen zu tun haben, die in einem kosmischen Zusammenhang stehen. Astrologie spricht dem Menschen eine Individualität zu, die allein aus der genetischen Veranlagung und den Sozialisationseffekten nicht hinreichend erklärt werden kann.
Die Lehre der Astrologie hat ihre Anhänger, der Streit um ihre Berechtigung ist in vollem Gange und unentschieden. Argumente für und gegen sie werden von verschiedenen ernstzunehmenden Persönlichkeiten vorgebracht. Wer sich heute ein Bild von der astrologischen Lehre machen und zu einem eigenen Urteil finden will, muss sie selbst erlernen und überprüfen. Oder er muss demjenigen in seiner Argumentation für oder gegen die Astrologie folgen, der ihm glaubwürdig erscheint. >Es mag ja was dran sein< – meinte einmal Carl Friedrich von Weizsäcker in einer Fernsehsendung.
© Dr. phil. Ulrike Voltmer auf Kepler Institut für Astrologie
Kepler in Graz (1594 bis 1600)
Kepler wollte ursprünglich protestantischer Geistlicher werden. 1594 nahm er jedoch im Alter von 23 Jahren einen Lehrauftrag für Mathematik an der evangelischen Stiftsschule in Graz an. Diese Hochschule war das protestantische Gegenstück zur Universität, die von Jesuiten geleitet wurde und der Motor der Gegenreformation war. In Graz begann Kepler mit der Ausarbeitung einer kosmologischen Theorie, die sich auf das kopernikanische Weltbild stützte. 1597 veröffentlichte er sie als Mysterium Cosmographicum. Im April desselben Jahres heiratete er Barbara Mühleck, eine Müllerstochter, die eine Tochter aus einer früheren Ehe mitbrachte und mit der er vier Kinder hatte, von denen zwei überlebten. Barbara starb 1611. Im selben Jahr veröffentlichte er eine Schrift über das später so genannte keplersche Fernrohr. Im Dezember 1599 lud Tycho Brahe Kepler ein, mit ihm in Prag zu arbeiten. Durch die Gegenreformation war Kepler gezwungen, Graz zu verlassen und traf 1600 mit Brahe zusammen. © WikipediA