Diskussionsprozess in den EU-Mitgliedstaaten
MEP (Mitglied des europäischen Parlaments - EU-Abgeordneter) Jörg Leichtfried
Zu Beginn möchte ich festhalten, dass das ACTA-Abkommen einen unglaublichen Diskussionsprozess in den Mitgliedstaaten ausgelöst hat. Menschen haben sich zusammengeschlossen, protestiert, mobilisiert und sich gegen politische Prozesse gewehrt - so funktioniert Demokratie und genau davon lebt die Politik.
Das Abkommen zur Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie stellt ein schwieriges Unterfangen dar, da einerseits geistiges Eigentum geschützt und andererseits aber auch die Persönlichkeitsrechte, der Datenschutz, der freie Informationsfluss und die freie Meinungsäußerung gleichzeitig gewahrt werden sollen. Es ist leider ein Faktum, dass Produktfälschungen stetig zunehmen. Durch internationale Kooperationen soll dieser Entwicklung ein Riegel vorgeschoben werden, denn es gilt Kreativität, Innovation, Wettebewerbsfähigkeit und Beschäftigung in Europa zu schützen.
Hauptkritikpunkt: Schutz der Urheberrechte im Internet
Mein Hauptkritikpunkt im ACTA-Abkommen bezieht sich auf den Schutz der Urheberrechte im Internet sowie die Definition und Überwachung von Online-Aktivitäten, da der endgültige Text nur vage Formulierungen in diesem Bereich enthält. Des Weiteren ist die Vorgehensweise der Europäischen Kommission und den an dem Abkommen interessierten Staaten, die Zurückbehaltung des Textes sowie das rasche Durchpeitschen von ACTA in bereits 22 Mitgliedstaaten durchaus zu hinterfragen. Geheimverhandlungen können nicht Sinn und Zweck eines demokratischen Prozesses sein, vor allem wenn europäische BürgerInnen unmittelbar davon betroffen sind.
ich werde aus derzeitiger Sicht dagegen stimmen
Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg
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Aus diesen Gründen stehe ich ACTA kritisch gegenüber und werde aus derzeitiger Sicht und nach sorgfältiger Prüfung des endgültigen Textes auch dagegen stimmen. Dennoch liegt es in meiner Verantwortung als Europaabgeordneter nicht vorschnell zu entscheiden, sondern das gesamte parlamentarische Prozedere wie ExpertInnendiskussionen, Hearings, Gutachten sowie Aussprachen in den Ausschüssen abzuwarten um erst im Anschluss daran eine möglichst fundierte Entscheidung zu treffen. An dieser Stelle möchte ich aber gleichzeitig klarstellen, dass dies nicht allzu viel an meiner grundsätzlichen Skepsis ändern wird, es sei denn, die Inhalte stellen sich anders als bisher erwartet dar. Davon ist aber nicht auszugehen.
Abkommen, das die Meinungsfreiheit, die bürgerlichen Grundfreiheiten und Menschenrechte beschneidet
Mit gutem Gewissen kann ich daher der europäischen Bevölkerung versichern, dass meinerseits keinem Abkommen zugestimmt wird, das die Meinungsfreiheit, die bürgerlichen Grundfreiheiten und Menschenrechte in irgendeiner Form beschneidet. Außerdem möchte ich den europäischen BürgerInnen für ihren politischen Aktivismus, ihr Engagement und ihren Protest danken. Es ist wichtig aufzustehen und seine Interessen zu vertreten, Unmut über politische Vorgänge zu äußern und seine Meinung kund zu tun. Die gesamte Diskussion über ACTA hat gezeigt, dass man auch als "Otto-Normalverbraucher" Änderungen in der Politik herbeiführen kann.
© Jörg Leichtfried EU-Mandatar der SPÖ
PS: Österreich hat übrigens schon zugestimmt! Allerdings ist es nicht ratifiziert und futurezone.at stellt die aktuelle Situation dar.
Europa steht auf (hoffentlich, und hoffentlich nicht zum letzten Mal)